Kehrdicht, 2001

Gedicht für Staubsauger mit Thomas Ladenburger, Performance für Kunstverein Ellwangen

Ein “Kehrdicht” über Worte und ihre Wandlungen. Ein Staubsauger schreibt neue Buchstaben, der andere saugt sie ganz oder teilweise wieder weg. Der Sinn der Wörter ändert sich: “Derwisch” wird “erwischen” wird “reicher”. Eins zu eins bewegt sich das Video zwischen Performance und konkreter Poesie. “Kehrdicht” knüpft einen Bedeutungsteppich der unterhaltsamen Art.

 

(aus dem Ausstellungskatalog “Architektur - Identität - Fiktion” zum Ausstellung im Lichthof der Deutschen Bank /Unter den Linden Berlin, 2002)



„Wird aus Sparsamkeitsgründen der Text in einem Schriftstück getilgt und es danach wieder be-schrieben, wird von Palimpsest gesprochen. Eine übliche Methode in der Antike und im Mittelalter. Moderne Techniken können die getilgten Texte aber wieder rekonstruieren. Scheinbar Verlorenes wurde ungewollt in ‚unteren Informationsschichten’ über Jahrhunderte gespeichert – beinah allegorisch zum menschlichen Gedächtnis.


Menze und Ladenburger haben während einer Kehrwoche in einer schwäbischen Kleinstadt eine öffentliche Performance veranstaltet, in der einer schrieb und der andere tilgte. Ein Palimpsest des alltäglichen Wortschatzes sozusagen. Aus Verkehr wird zerrt, dann Vorgarten, morgens, Organspende und so weiter. Durch den Akt des Überschreibens werden die für jedermann gebräuchlichen und mehr oder weniger unspektakulären Begriffe in eine Unterebene verschoben, in der sie eine Pseudo-Semantik erhalten. Die Tilgung entzieht ihnen die reale Bedeutungsebene. Man könnte sagen, das Vokabular des Zivilisationsalltags liegt so im Unbewussten, liegt so lange verschollen, bis man es irgendwann Schicht für Schicht wieder an die Oberfläche bringt. Das gleicht einer Reversion der Sprachgeschichte, einer Umkehrung von Wort und Bedeutung.“


Emma Braslavsky,  Autorin und Gründerin des Netzmuseums für Sprache „Paipirossa“

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